Natura-2000-Manager/in Deutschland:
„Lehrgang über Grundlagen, Ökologie und Management von europaweit geschützen Arten und Lebensraumtypen “




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Natura 2000 und Jagd

Die Regelungen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie umfassen auch Arten, die dem Jagdrecht unterliegen, wobei die FFH-Richtlinie keine konkreten Regelungen bezüglich der Jagd enthält. Häufig ist die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd in Natura2000-Gebieten zulässig. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, nationale Regelungen für eine nachhaltige Jagd zu schaffen, welche die Einhaltung der Erhaltungsziele der Natura 2000-Gebiete sicherstellt.

Die Vogelschutzrichtlinie behandelt die Jagd von Vögeln in Artikel 7 und 8. Gemäß Artikel 7 der Vsch-RL dürfen die in Anhang II aufgeführten Vogelarten bejagt werden, wobei die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssen, dass die Schutzbemühungen zum Erhalt betroffener Arten nicht beeinträchtigt werden. Zudem ist die Jagd während der Nist-, Brut- und Aufzuchtzeit und bei Zugvögeln zusätzlich während der Zugphase ausgeschlossen. Artikel 8 begrenzt die Nutzung von Vögeln auf ein geringes Maß. Um die Umsetzung der Jagdbestimmungen der Vsch-RL zu erleichtern, veröffentlichte die Europäische Kommission 2008 einen „Leitfaden zu den Jagdbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten“.

Jagdrecht in Deutschland

In Deutschland wird das Jagdrecht durch das Bundesjagdgesetz (BJagdG) und die Landesjagdgesetze mit zugehörigen Ausführungsverordnungen geregelt, wobei das Landesrecht vom Bundesrecht abweichen kann.

Das BJagdG definiert Jagd als „[...] das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild“ (§ 1 Abs. 4 BJagdG). „Wild“ bezeichnet „[...] wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen [...]“ (§ 1 Abs. 1 BJagdG) – diese Tierarten sind in § 2 BJagdG gelistet, wobei die Länder diesen Katalog erweitern können (vgl. § 2 Abs. 2).

Das Wild darf nur während der Jagdzeiten bejagt werden, außerhalb dieser Zeiten ist das Wild zu verschonen (Schonzeiten). Einige Tierarten, z. B. Elchwild, Wildkatze und Großtrappe (vgl. Schonzeiten 28.02.2022) unterliegen zwar dem Jagdrecht, haben allerdings ganzjährig Schonzeit, weswegen die Jagd auf diese Arten nicht ausgeübt werden darf. Ebenso gibt es Tierarten, welche ganzjährig Jagdzeit haben. Diese Arten sind jedoch in den meisten Bundesländern während der Setz-, Brut- und Aufzuchtzeiten zu verschonen. Die Länder können bei bestimmten Tierarten Ausnahmen festlegen sowie vom BJagdG abweichende Jagd- und Schonzeiten bestimmen (vgl. § 22 BJagdG).

Deutschland hat ein Revierjagdsystem, das bedeutet, das Jagdrecht ist an Grundeigentum gebunden und die Jagd darf nur in Jagdrevieren - also Eigenjagdbezirken (Mindestfläche 75 ha) oder gemeinschaftlichen Jagdbezirken (Mindestfläche 150 ha) - ausgeübt werden (vgl. §§ 3, 4, 7, 8 BJagdG). Neben dem Jagdrevier ist der Jagdschein eine Voraussetzung zur Jagdausübung (vgl. § 15 Abs. 1).

Jagd und Natura 2000 in Deutschland

Gemäß der FFH-Richtlinie unterliegt die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd sowie der Bau jagdlicher Einrichtungen (z. B. Hochsitze) in Natura 2000-Gebieten keinen Einschränkungen, sofern die Erhaltungsziele betroffener Arten und Lebensräume gewahrt bleiben. Die Mitgliedsstaaten können jedoch ergänzende Regelungen erlassen, um geschützte Arten und Lebensräume zu erhalten. Hierfür können beispielsweise Jagdzeiten eingeschränkt oder der Abschuss bestimmter Arten verboten werden.

In Deutschland sind solche Sonderregelungen in den Landesjagdgesetzen und zugehörigen Durchführungsverordnungen sowie den Managementplänen der Natura 2000-Gebiete festgesetzt. Befindet sich das Natura 2000-Gebiet zusätzlich in einer weiteren Schutzgebietskategorie, gilt die jeweilige Schutzgebietsverordnung.

Anhang V-Arten unter Jagdrecht

Auf Anhang V der FFH-Richtlinien stehen „Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können“. Einige Anhang V-Arten der FFH-Richtlinie unterliegen dem BJagdG und sind somit jagdbare Arten. Das betrifft die Gams, den Baummarder sowie den Iltis, wobei  Baummarder und Iltis in vielen Bundesländern keine Jagdzeit besitzen und somit ganzjährig geschont sind. Ebenfalls dem Jagdrecht unterliegende Arten sind Seehund, Alpensteinbock und Schneehase, welche allerdings in allen Bundesländern ganzjährig geschont sind und somit nicht gejagt werden dürfen (vgl. Schonzeiten 28.02.2022).

Die Anhang V-Arten mit Jagdzeiten, also die Gams und in einigen Bundesländern Baummarder und Iltis, dürfen während ihrer Jagdzeiten gejagt werden, wobei jedoch Maßnahmen geschaffen werden müssen, um den günstigen Erhaltungzustand dieser Arten zu gewährleisten (Art. 14 FFH-RL). Maßnahmen hierfür sind zum Beispiel die Jagd- und Schonzeiten sowie Abschusspläne. Der Erhaltungszustand muss dauerhaft überwacht werden (Art. 11 FFH-RL), es herrscht somit eine Monitoring- und Berichtspflicht in welcher Verbreitung, Zustand der Populationen und des Lebensraumes sowie mögliche Gefährdungen erfasst werden.

Quellen

BJagdG: Bundesjagdgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), das zuletzt durch Artikel 291 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, verfügbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/bjagdg/BJNR007800952.html 

FFH-RL: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, verfügbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:01992L0043-20130701&from=DE  

JagdzeitV: Verordnung über die Jagdzeiten vom 2. April 1977 (BGBl. I S. 531), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 7. März 2018 (BGBl. I S. 226) geändert worden ist, verfügbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/jagdzeitv_1977/BJNR005310977.html 

Vsch-RL: Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung), verfügbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02009L0147-20190626&from=DE 

Datum: 28.03.2024
Online: https://www.natura2000manager.de
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