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„Lehrgang über Grundlagen, Ökologie und Management von europaweit geschützen Arten und Lebensraumtypen “




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Natura 2000 und Umweltplanung – Artenschutz in der Planungspraxis

In Planungsprozessen und Projektvorhaben werden durch naturschutzrechtliche Prüfinstrumente, wie der FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP) und der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP), die gesetzlichen Vorgaben, die vor allem durch die in § 44 BNatschG umgesetzte FFH-Richtlinie und Vogelschutz-Richtlinie bestehen, berücksichtigt. Hierbei werden Interessenskonflikte zwischen geplanten Eingriffen in Natur und Landschaft und dem Habitat- und Artenschutz ermittelt, resultierende Beeinträchtigungen bewertet und durch Maßnahmenplanungen vermieden oder ausgeglichen (siehe auch „Habitat- und Artenschutzrecht“).

FFH-Verträglichkeitsprüfung

Mit der FFH-Verträglichkeitsprüfung wird untersucht, ob Schutz- oder Erhaltungsziele eines Natura 2000-Gebietes durch eine Planung oder ein Projekt erheblich beeinträchtigt werden. Hierbei kann das Gebiet direkt von einem Eingriff betroffen sein (z.B. Flächenverbrauch, Nutzungsänderungen) oder durch „indirekte“ Beeinträchtigungen, wie Lärm- und Lichteinwirkungen oder Verunreinigungen von Luft, Boden und Gewässern, geschädigt werden (vgl. Scholles 2008). Die FFH-VP ist eine Maßnahme zur Umsetzung des Verschlechterungsverbotes (Art. 6 Abs. 2 FFH-RL) der FFH-Richtlinie.

Ob eine FFH-VP nötig ist, wird durch eine Vorprüfung beurteilt, welche ermittelt, ob durch ein Projekt oder einen Plan Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes vorliegen oder ausgeschlossen werden können. Die Ergebnisse der Vorprüfung werden anhand der vorhandenen Unterlagen bestimmt und nachvollziehbar dokumentiert (vgl. Peters 2004, Scholles 2008, BfN 2022).

Wenn eine erhebliche Beeinträchtigung nicht auszuschließen ist, werden im Rahmen der FFH-VP die Auswirkungen der Planung oder Projektes abgeschätzt und bewertet und die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des betroffenen Gebietes ermittelt. Das betrachtete Vorhaben ist unzulässig, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung der „für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile“ (§ 34 Abs. 2 BNatSchG) eines Natura 2000-Gebietes festgestellt wird. Diese „maßgeblichen Bestandteile“ sind die Lebensraumtypen auf Anhang I und die Arten auf Anhang II der FFH-RL sowie die Vogelarten auf Anhang I und nach Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-RL, inklusive der für die Arten bedeutsamen Standortbedingungen (vgl. Peters 2004, Scholles 2008, BfN 2022).

Ausnahmen können - „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL) und in Ermangelung zumutbarer Alternativen - im Rahmen einer FFH-Ausnahmeprüfung erwirkt werden (vgl. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 34 BNatSchG).

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Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)

Sämtliche europäischen Vogelarten und die Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie (FFH-RL) sind nach § 44 Abs. 1 BNatSchG durch Zugriffsverbote geschützt. Diese umfassen ein Fang-, Verletzungs- und Tötungsverbot, ein Störungsverbot in sensiblen Phasen wie der Jungenaufzucht und Winterruhe, ein Verbot der Entnahme, Schädigung und Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wildlebenden Tierarten sowie ein Entnahme- und Beschädigungsverbot der Pflanzenarten und ihrer Standorte. Hierbei kommt mit § 44 BNatschG vor allem dem Verbot einer erheblichen Störung zentrale Bedeutung zu: „…..eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,...“. 

Bei Planungs- und Zulassungsverfahren ist deshalb die „spezielle artenschutzrechtliche Prüfung“ (saP) erforderlich. Diese untersucht, ob entsprechende Verbotstatbestände durch den geplanten Eingriff vorliegen. Auf Grundlage einer Bestandsuntersuchung und bereits vorhandener Daten wird ermittelt, welche planungsrelevanten Arten von verbotsrelevanten Wirkfaktoren und -prozessen der Planung oder Vorhabens betroffen sein könnten und ob die ökologische Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten weiterhin erfüllt werden kann. Zudem werden nötige Minderungs-, Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnamen festgelegt. Der geplante Eingriff ist unzulässig, wenn er, trotz der Anwendung von artenschutzrechtlichen Maßnahmen, gegen die Zugriffsverbote verstößt und keine Ausnahme- oder Befreiungsvoraussetzungen nach §§ 44, 45 und 67 BNatSchG nachweisbar sind (vgl. Trautner 2020).

Quellen

BfN: Bundesamt für Naturschutz (2022). FFH-Verträglichkeitsprüfung. Abgerufen am 01.11.2022, verfügbar unter https://www.bfn.de/ffh-vertraeglichkeitspruefung

BNatSchG: Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1362, 1436) geändert worden ist. Abgerufen am 28.10.22, verfügbar unter https://www.buzer.de/BNatSchG.htm

Peters, W. (2004): FFH-Verträglichkeitsprüfung. In: J. Köppel, W. Peters & W. Wende. Eingriffsregelung. Umweltverträglichkeitsprüfung. FFH-Verträglichkeitsprüfung. S. 298 – 355. Stuttgart: Eugen Ulmer.

Scholles (2008): FFH-Verträglichkeitsprüfung. In: D. Fürst & F. Scholles. (Hrsg.). Handbuch Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung. S. 121 – 124. Dortmund: Rhon.

Trautner, J. (2020): Artenschutz. Rechtliche Pflichten, fachliche Konzepte, Umsetzung in der Praxis. Stuttgart: Eugen Ulmer.

Datum: 27.04.2024
Online: https://www.natura2000manager.de
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