Acker und Grünlandbewirtschaftung, Bodenbearbeitung und Bodenökologie
Acker- und Grünlandbewirtschaftung
Aktuelle Bewirtschaftungsmethoden und -techniken auf Acker und Grünland haben große Auswirkungen auf die Biodiversität. Wichtig ist daher, diese Auswirkungen zu verstehen und darzustellen. Aus diesem Wissen können Empfehlungen zu nachhaltigem natur- und umweltverträglichem Wirtschaften abgeleitet werden.
Seit der neolithischen Revolution wird in Mitteleuropa Getreide auf Äckern angebaut. Grünland wurde Jahrtausende lang nur als Weide, seit dem Mittelalter auch als Wiesen genutzt. Die lange Geschichte der Landwirtschaft mündete nach dem 2. Weltkrieg in die Form der heutigen sogenannten konventionellen Landwirtschaft. Mit dieser Art der modernen Landwirtschaft wurden viele neue Techniken und Stoffe in die Landnutzung eingeführt. Zu nennen wären hier beispielweise für den Acker: stärkere Maschinen, Fruchtwechselreduktion, Züchtung ertragreicher Hybridsorten, Mineraldünger und Gülle statt Stallmist, Pestizide, Entwässerung, Aufgabe von ertragsschwachen Böden oder der gesamte Komplex der Flurbereinigung mit der Entfernung vieler Strukturen in der Landschaft.
Im Grünland ist vor allem die immer stärkere Düngung zu nennen, damit verbunden immer frühere Schnittzeitpunkte und höhere Schnittzahl. Entwässerung, Mähtechnik und der Einsaat von Hochleistungsmischungen anstelle der bisherigen artenreichen Bestände sind weitere Faktoren, die für die Biodiversität von Bedeutung sind.
Diese Faktoren trugen und tragen dazu bei, die Erträge im Acker wie im Grünland immer weiter zu steigern und damit Futter- und Lebensmittelerzeugung immer besser und effizienter zu machen und damit zu sichern. Die immer effizientere Bewirtschaftung bedeutet gleichzeitig häufig den Preisverfall vieler Produkte. Letzteres führt wiederum zum Zwang zur Rationalisierung und Vergrößerung der Betriebe, was zur Aufgabe vieler kleiner und somit unrentabler Betriebe führt. Die Folge ist, dass die Zahl der Betriebe seit vielen Jahren kontinuierlich abnimmt und die gleiche Menge an Erzeugnisse von immer weniger Landwirten produziert wird.
Mit der immer effizienteren und intensiveren Landwirtschaft zeigen sich v.a. in den letzten beiden Jahrzehnten immer mehr Probleme, wie beispielsweise die Vereinheitlichung und das Verschwinden traditioneller Kulturlandschaften, der starke Schwund der Biodiversität auf den Äckern und im Grünland (Ackerwildkräuter sind die mit Abstand am stärksten gefährdete Pflanzengruppe in Deutschland, artenreiches Mähgrünland (FFH-Lebensraumtypen 6510 u. 6520) hat extrem abgenommen), Pestizidrückstände in Lebensmitteln (Diskussion um Krebsrisiko Glyphosat), Nitratbelastungen von Böden und Grundwasser, die immer stärker diskutierte Massentierhaltung.
Insgesamt geschieht immer mehr Druck auf die Landwirte durch Bevölkerung, Politik und Lebensmittelhandel, der zum Teil in entgegengesetzte Richtungen geht. So will die Bevölkerung mehr Tierwohl, weniger Pestizide und Dünger, während der Handel besonders günstig produzierte Lebensmittel will. Die Politik zu den Themen ist hingegen stark abhängig von der jeweiligen Partei.
Die Probleme, die zum Teil schon in den 1970er Jahren bekannt waren, führten in den 1980er Jahren zu einer Gegenbewegung, der biologischen Landwirtschaft, bei der chemische Dünge- und Pflanzenschutzmittel tabu waren und sind und auch das Tierwohl eine große Rolle spielt. In den letzten Jahren gewinnt der Biolandbau mit einer stärker sensibilisierten Bevölkerung immer mehr an Bedeutung.
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Bodenbearbeitung
In der Landwirtschaft gibt es mehrere mechanische Verfahren der Bodenbearbeitung, deren primäre Ziele vor allem (I) die Schaffung eines physikalisch günstigen Umfeldes für Keimung und Wachstum der Folgekultur, (II) die Einarbeitung von Ernterückständen in den Boden sowie (III) die Bekämpfung von Beikräutern und Schädlingen sind. Die Bodenbearbeitung ist dabei meist ein mehrstufiger Prozess, der vor allem bei bodenwendender Bearbeitung einen tiefgreifenden Eingriff in die Bodenstruktur und das Bodenleben darstellt (Linckh et al. 1996). Zu den potentiellen Folgen zählt dabei die Zerstörung der natürlichen Bodenschichtung und der Porenstruktur des Bodens mit negativen Effekten auf den Transport und die Speicherung von Wasser und Nährstoffen im Boden. Zudem kann das Bodenleben sowie die Stabilisierung des Bodenkohlenstoffes negativ beeinträchtigt und der Abbau des Humus im Boden beschleunigt werden. Einzelne Organismengruppen mit großer Bedeutung für essentielle Ökosystemfunktionen und –dienstleistungen (z.B. Bodenfauna und Bodenmikroflora: Bedeutung für Bodenstruktur, Zersetzungsprozesse und Pflanzenernährung) werden durch eine wendende Bodenbearbeitung besonders stark negativ beeinträchtigt (Bardgett 2005).
Es sind verschiedene Verfahren der konservierenden (bodenschonenden) Bearbeitung verfügbar, welche von einer nicht-wendenden Bodenbearbeitung (Mulchsaat) bis hin zu einer weitgehenden Nichtbeeinflussung es Bodens (Direktsaat) reichen. Durch die Schonung des Bodenlebens liefern sie einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der funktionellen Biodiversität des Bodens Diese umgehen die negativen Effekte auf die Bodenqualität und bietet darüber hinaus eine Reihe Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel:
- Verbesserte Wasseraufnahme- und Wasserhaltefähigkeit des Bodens durch Verbesserungen der Porenstruktur und des Humusgehaltes
- Reduzierte Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit durch organische Reststoffe an der Oberfläche
- Kohlenstofffixierung im Boden durch verbesserte Stabilisierung und Humusaufbau.
Die Entscheidung der im Einzelfall anzuwendenden Strategien der Bodenbearbeitung sollte daher unter Berücksichtigung der Einflussfaktoren Bodenart, Klima, Fruchtfolge sowie Druck durch Schädlinge und Beikräuter erfolgen. Dabei ist insbesondere die Notwendigkeit bodenwendender Verfahren zu hinterfragen.
Quellen
Bardgett, R. (2005): The Biology of Soil. A community and ecosystem approach. Oxford University Press.
Linckh, G., Sprich, H., Flaig, H., Mohr, H. (1996): Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. VERAKADEMIE Baden-Württemberg.
Dierschke, H. & Briemle, G. (2008): Kulturgrasland, Umer, Stuttgart. 239 S.
Krombholz, K., Bertram, H., Wandel, H. (2009): 100 Jahre Landtechnik – von Handarbeit zu High-Tech in Deutschland. DLG-Verlag. 288 S.
Albrecht, H. (1995): Changes in the arable weed flora of Germany during the last five decades. – Proc. 9th EWRSSymp., Budapest: 41–48.
Hofmeister, H. & Garve, E. (2006): Lebensraum Acker. – 2. Aufl.: 327 S., Remagen-Oberwinter.
Röder N., Schmidt T.G., Osterburg B. (2015): Grünland: Mehr als nur Viehfutter. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 6 p, Thünen à la carte 1, doi:10.3220/CA_1_2015.