Natura-2000-Manager/in Deutschland:
„Lehrgang über Grundlagen, Ökologie und Management von europaweit geschützen Arten und Lebensraumtypen “




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Habitatschutzrecht und Artenschutzrecht

Die europarechtlichen Vorgaben der FFH-Richtlinie müssen in nationales Recht der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. In Deutschland geschah dies vor allem 1998, 2007 und 2010 durch Anpassungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) (vgl. TLUBN, www.buzer.de/BNatSchG.htm). Im BnatschG finden sich die grundlegenden Regelungen zu Habitat- und Artenschutzrecht. Abschnitt 2 des BNatSchG behandelt das Habitatschutzrecht, welches den Schutz der Natura 2000-Gebiete, also der Schutzgebiete der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/ EWG) und der Vogelschutz-Richtlinie (Richtlinie 2009/147/EG), regelt. Das Artenschutzrecht bezieht sich auf den Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten.

Habitatschutzrecht

Die Unterschutzstellung der Natura 2000-Gebiete ist in § 32 Abs. 2 bis 4 BNatSchG geregelt. Die Gebiete sind von den Ländern zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft zu erklären. Entsprechend handelt es sich bei Natura 2000-Gebieten um keine zusätzliche nationale Schutzgebietskategorie, stattdessen wird ihnen eine der Kategorien des BNatSchG zugeordnet (z.B. Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet). Alternativ können die Natura 2000-Gebiete nach § 32 Abs. 4 BNatSchG durch den Erlass einer Rechtsverordnung (z.B. Thüringer Natura 2000-Erhaltungsziele-Verordnung) ausgewiesen werden, sofern diese einen gleichwertigen Schutz gewährleisten.

Nach Art. 6 Abs. 1 der FFH-RL sind nötige Erhaltungsmaßnahmen von den Mitgliedsstaaten festzulegen, dies erfolgt teilweise über Bewirtschaftungspläne (vgl. § 32 Abs. 5 BNatSchG).

Wenn ein Natura 2000-Gebiet durch Pläne oder Projekte erheblich beeinträchtigt werden könnte, müssen diese einer FFH-Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden, also auf ihre Verträglichkeit mit den Schutz- und Erhaltungszielen der Gebiete geprüft werden. Ob eine potentiell erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes durch einen Plan oder Projekt vorliegt, wird durch eine Vorprüfung festgestellt (vgl. BfN 2022).

Sollte die FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes feststellen, ist das Projekt oder der Plan nicht zulässig (vgl. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 34 BNatSchG). Wenn trotz festgestellter Unzulässigkeit ein Projekt oder Plan „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL) notwendig ist und keine zumutbare Alternativlösung vorliegt, ist eine Ausnahme möglich. Hierfür muss eine FFH-Ausnahmeprüfung durchgeführt werden (§ 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG).

Artenschutzrecht

Das BNatSchG unterscheidet in besonders und streng geschützte Arten (§ 7 Abs. 2 BNatSchG). Besonders geschützt sind alle europäischen Vogelarten und die Tier- und Pflanzenarten auf Anhang IV der FFH-RL (§ 7 Abs. 2 Nr. 13), für welche Besitz- und Vermarktungsverbote (§ 44 Abs. 2 BNatSchG) sowie die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 BNatSchG gelten. Für die streng geschützten Arten und die europäischen Vogelarten gilt zusätzlich das zweite Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG): „Es ist verboten,….wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,…“. Die Zugriffsverbote beinhalten unter anderem die Verbote, betreffende Arten zu töten, ihre Vorkommen zu stören oder ihre Lebensstätten zu zerstören. In Planungs- und Zulassungsverfahren sind nur Arten des Anhangs IV der FFH-RL und wildlebende Vogelarten durch die Zugriffsverbote geschützt (§ 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG). Ob solche Arten von den Zugriffsverboten betroffen sind, wird durch eine spezielle Artenschutzprüfung (saP) beurteilt. Insbesondere in Zusammenhang mit dem zweiten Zugriffsverbot (erhebliche Störung bei Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population) erlangen die streng geschützten Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie und die Vogelarten vor allem des Anhang I der Vogelschutz-RL als sogenannte “planungsrelevante Arten“ Berühmtheit als potentielle „Baustopper“ bei sämtlichen Bauvorhaben.

Quellen

BfN: Bundesamt für Naturschutz (2022). FFH-Verträglichkeitsprüfung. Abgerufen am 26.10.2022, verfügbar unter https://www.bfn.de/ffh-vertraeglichkeitspruefung

BNatSchG: Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1362, 1436) geändert worden ist. Abgerufen am 28.10.22, verfügbar unter https://www.buzer.de/BNatSchG.htm 

FFH-RL: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, verfügbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:01992L0043-20130701&from=DE

TLUBN: Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (o.D.). Rechtsgrundlagen. Europäische Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie. abgerufen am 26.10.2022, verfügbar unter https://natura2000.thueringen.de/rechtliche-grundlagen

 

Datum: 03.05.2024
Online: https://www.natura2000manager.de
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